
Ich sitze gerade an meinem Computer und bin noch etwas verheult. Das heutige Netzwerk-Treffen war sehr emotional. Vor ein paar Tagen haben wir die traurige Nachricht erhalten, dass ein Mitglied unserer regionalen Gruppe gestorben ist.
Nicht durch eine Krankheit, die sich länger angekündigt hätte. Dann wäre da wohl irgendwie das Gefühl in mir, dass ich mich möglicherweise auf dieses Ereignis hätte vorbereiten können.
Nein, dieser lebenslustige Mensch wurde durch einen tragischen Unfall mitten aus dem Leben gerissen. Und das beschäftigt mich doch tiefer als ich zuerst dachte. Aus den wöchentlichen Treffen der letzten Jahre ist mehr entstanden als nur eine lose Netzwerk-Bekanntschaft mit der ich bei irgendeiner Gelegenheit mal nebenbei ein paar Worte gewechselt habe …
Ich weiß, dass es mir hilft, wenn ich Gefühle aus mir herausschreibe. So kann ich beispielsweise Situationen besser verarbeiten. Und gleichzeitig kann ich meine Gedanken strukturieren, werde mir über gewisse Dinge klarer. Das tut mir gut. Und vielleicht auch dir, wenn du gerade diesen neuen Blog-Artikel liest, der jetzt eigentlich gar nicht an der Reihe gewesen wäre. (Konkret gesagt das Interview mit Nuala Hawk zum Thema „Wie komme ich mit meinem Buch in den Handel?“ und eine kleine Serie zum Thema Cover-Gestaltung. Meine Virtuelle Assistentin Eva wird sich vermutlich gerade nicht freuen, dass ich – wieder mal – einen Text schreibe, den sie nicht für Pinterest verwenden kann. Und doch muss er aus mir raus.)
Mindfuck 1: Darf ich das denn?!
In meinem Kopf geistern – neben allen anderen Gedanken – auch gleichzeitig solche Fragen herum: Darf ich das denn jetzt? Über so etwas einen Beitrag schreiben? Und dann auch noch auf meinem Blog veröffentlichen? Reicht es denn nicht, wenn ich einfach nur schreibe und den Text dann für mich behalte? Muss ich damit unbedingt in die Öffentlichkeit gehen?
Von Generose Sehr, Expertin für emotionalen „Deep Shit“, weiß ich, dass es wichtig ist, auch über (vermeintliche) Tabus zu sprechen. Der Traum von Generose ist es, dass es mehr Räume gibt, in denen Tabus gebrochen werden können. Wo Menschen ihre Geschichten erzählen können und dafür Wertschätzung, Respekt und Gemeinschaft erfahren. Deshalb hat sie die LinkedIn-Gruppe „TABU-Crew“ gegründet. Und deshalb veröffentliche ich diesen Text. (Und schreibe das hier hin, um mir selbst Mut zu machen, es auch wirklich zu tun. Noch könnte ich einen Rückzieher machen oder den Beitrag wieder löschen…)
Mindfuck 2: Im September werde ich 39, bald bin ich 40. Ist dann schon mein halbes Leben rum?!
Eigentlich dachte ich ja, ich würde um so eine Midlife-Crisis herumkommen, denn ich arbeite doch schon so lange und viel an und mit mir, löse Glaubenssätze auf, entwickle mich weiter, … Und ausgelöst durch dieses tragische Ereignis beginnt es plötzlich in mir zu brodeln. Und die Gedanken kreisen. Wieder und wieder und wieder.
Im September werde ich 39. Und nächstes Jahr steht dann schon die berühmt-berüchtigte 40 vor der Tür. Ist damit schon die Hälfte meines Lebens rum? Was habe ich bisher schon alles erreicht? Ist es genug? (Was auch immer „genug“ bedeuten mag.) Was will ich noch alles erreichen? Was ist mir wichtig? Was möchte ich (endlich) loslassen? Lebe ich mein Leben so, wie ich es mir vorstelle bzw. wünsche?
Wenn es jetzt auf einmal mit mir zu Ende wäre, könnte ich zufrieden auf mein Leben zurückblicken? Oder gäbe es da Dinge, die ich bereuen würde, weil ich sie nicht gesagt oder getan habe?
Mindfuck 3: Traue ich mich jetzt schneller irgendwelche herausfordernden Dinge zu machen, weil wer weiß … ?!
Dieser plötzliche Tod rüttelt an und in mir. Soll ich jetzt besser jede einzelne Chance nutzen, die sich mir bietet? Oder laufe ich dann doch eher aus Angst etwas verpassen zu können dem „next shiny object“ hinterher? Wie vernünftig darf, soll, muss ich bleiben?
Was riskiere ich (vermeintlich), um mich entfalten und mein Leben nach meinen Wünschen und Bedürfnissen gestalten zu können? Wo lasse ich es zu, dass mein Herz die Entscheidung trifft, etwas unbedingt zu tun? Muss ich mir nur die richtigen Fragen stellen nach dem „Wie kann ich es erreichen?“, um mich zu öffnen und neue Möglichkeiten zuzulassen? Und wo bleibt dabei mein Kopf, der mir sagt, dass ich dabei trotz allem nicht nur auf mich selbst schauen darf, denn schließlich bin ich auch für meine Familie verantwortlich. Bin ich nicht schon so sehr außerhalb meiner Komfort-Zone? Wie weit kann und will ich mich im Moment noch hinauswagen?
Durchatmen!
Jetzt heißt es für mich erst einmal, wieder ganz oder zumindest deutlich mehr zu mir zu kommen. Durch die Nase einzuatmen. Tief in den Bauch hinein. Und dann die Luft durch den leicht geöffneten Mund wieder herausströmen zu lassen.
Einatmen.
Ausatmen.
Einatmen.
Ausatmen.
…
Wie gehst du mit solchen aufrüttelnden Ereignissen um? Sprichst du offen über deine Gefühle? Erlaubst du dir, dich so zu zeigen, wie du bist – nicht nur privat, sondern auch im Business?